Vom Babyboom zum Bauboom
Schon mit dem Kauf des Hofs im Jahr 2015 war klar, dass sich eines des Nebengebäude gut dafür eignen würde, weiteren bezahlbaren Wohnraum auf dem Gelände zu schaffen. Die Groß-WG im sogenannten „Haupthaus“ stellte für viele nur einen ersten Schritt dar. Das Tempo des Genehmigungs- und anschließenden Ausbauprozesses des Stallgebäudes konnte jedoch nicht mit den sich ändernden Wohnbedürfnissen und die fast jährlich hinzukommenden kleinen Gruppenmitglieder (Babies) mithalten. Als sich im Sommer 2018 weiterer Nachwuchs ankündigte, war schnell klar, dass wir die Grenzen unserer Wohnraumkapazitäten erreicht hatten. Zu diesem Zeitpunkt befand sich auch der Umbau der Garagen zur zukünftigen Hofküche noch in der Planungsphase – alle Haupthausbewohner*innen teilten sich eine einzige Küche. Aus dem akuten Platzbedarf und dem Wunsch nach weiteren kleineren Wohneinheiten entstand die Idee und der Beschluss, kurzfristig eine Wohnung in der ehemaligen Molkerei des Hofes auszubauen.
Loft-Feeling auf dem Bauernhof
Zum Zeitpunkt des Hofkaufes standen in der alten Molkerei noch einige alte Arbeitsgegenstände – große Behälter, die wir entfernen mussten bevor die eigentlichen Umbauarbeiten beginnen konnten. Die Molkerei bestand aus einem großen, lichtdurchfluteten Arbeitsraum mit vier großen Fenstern von zwei Seiten, einem direkt angrenzenden kleinen Duschraum (angeblich die älteste Dusche Rettmers), einem Kühlraum sowie einem etwas niedriger gelegenen alten Heizungsraum mit über 4m Deckenhöhe, der etwa die Anschlüsse für die Werkstatt enthielt. Der bauliche Zustand entsprach dem unserer Werkstatt – einfach verglaste Fenster, einfache Holztüren, unverputzte Backsteinwände, keine Heizung. Nach reichlichen Überlegungen dazu, wie wir auf dieser Grundlage möglichst sinnvoll nutzbaren Wohnraum schaffen könnten, bauten wir eine knapp 40 Quadratmeter große, in ihrer Form absolut einzigartige Wohnung. Den Dusch- und Kühlraum legten wir durch einen Wandabriss und eine versetzte Türöffnung zusammen, sodass neben der in dem ehemaligen Molkereiraum gelegenen Wohnküche noch ein kleines Schlafzimmer und ein kleiner Abstellraum entstanden. Die Heizungsanlage für das Gebäude wurde in den Keller verlegt und stattdessen in diesem Raum unterhalb eines Stahlträgers ein Badezimmer eingebaut. Darüber gelegen entstand eine kleine Schlafempore.
Altes Gemäuer in neuem Glanz
Bei diesem Bauprojekt übernahmen wir die Bauleitung selbst. Wo immer es möglich war, erledigten wir auch die verschiedenen baulichen Arbeiten. So erledigten wir zum Beispiel den gesamten Rückbau von alten Leitungen, Putz, Fliesen, Türen etc. Anschließend arbeiteten wir vor allem beim Lehmputz, Maurern und bei der Elektrik eng mit den Gewerken zusammen. Wir organisierten mehrere Mitmachbaustellen, bei denen zum Beispiel Stahlträger entrostet, neue Tür- und Fensteröffnungen gemauert, Fliesen gelegt und Wände verputzt und gestrichen wurden.
Wir versuchten bei dem Ausbau die schönen, alten Elemente der um 1900 erbauten Molkerei zu erhalten und durch passende neue Einbauten zu ergänzen. So arbeiteten wir z.B. eine alte Schiebetür, eine kleine Holztreppe und einen alten Stahlträger auf. Die charakteristischen kleinteiligen Fenster konnten wir aus energietechnischen Gründen leider nicht erhalten.Im Gegensatz zu anderen Bauprojekten, die durch die Corona-Krise und Lieferengpässe erheblich verzögert wurden, war dieser vergleichsweise kleine Ausbau mit nur einem halben Jahr in sehr kurzer Zeit fertiggestellt. Dies war nur möglich durch einen großen Einsatz von uns und manchen Mithelfer*innen nach Feierabend oder an Wochenenden sowie durch eine sehr gute Koordination der verschiedenen Bauabschnitte. Wie immer bei Bauprojekten gab es allerdings auch unvorhergesehene Herausforderungen. So stellte sich bei der ersten Begehung mit unserem Statiker heraus, dass die Außenwände des Gebäudes durch mehrere Zuganker gesichert werden mussten. Auch im Keller musste die Statik durch einen zusätzlichen Stahlträger verstärkt werden. Dennoch schafften wir es, die Wohnung rechtzeitig fertigzustellen, sodass wir vor dem Ende der Schwangerschaft sogar noch Zeit fanden, in der Küche ein schönes, buntes Mosaik an die Wand zu bringen.