Energiekonzept

Thermoskannen, Erdsonden und böses Geschnetzel

Wie können wir zuverlässig fließendes Wasser und warme Zimmer haben und dabei die Umwelt so wenig wie möglich belasten?

Das ist die entscheidende Ausgangsfrage bei unserem Energiekonzept. Am Anfang war vieles unklar: Reicht eine Photovoltaik-Anlage (PV-Anlage) aus? Wie ökologisch sind eigentlich Holzheizungen? Und wer kümmert sich, wenn etwas kaputt geht?

Also haben wir recherchiert und Kriterien dafür entwickelt, was uns für die Energieversorgung des Neuen Stalls wichtig ist – und perspektivisch für die des gesamten Hofs. Auch wenn es bei der Ausarbeitung erst einmal nur um den Neuen Stall geht, war es für uns von Anfang an wichtig das Energiekonzept so zu planen, dass es zu einem späteren Zeitpunkt erweiterbar und auf den Rest des Hofes übertragbar ist. Wir wünschen uns eine maximal ökologische und mit möglichst erprobten, simplen Technologien umsetzbare Wärmeversorgung – die dabei gleichzeitig übertragbar und skalierbar ist.

Wir wollten also kein Konzept aus dem Elfenbeinturm heraus entwickeln, das nur für einige wenige mit bestimmten Ressourcen möglich ist – sondern etwas ausprobieren, das auch tatsächlich in der Breite umsetzbar wäre. Dabei haben wir den Anspruch und Wunsch möglichst viel Strom selbst zu erzeugen. Die Verwendung erneuerbarer Energien oder nachwachsender Rohstoffe ist also naheliegend. Doch nicht alle Möglichkeiten eignen sich gleichermaßen. Manche vermeintlich klimaschonende Variante der Strom- oder Wärmeerzeugung löst dieses Versprechen bei genauerem Hinsehen nicht ein.

Das Problem mit dem Holz

Wenn man sich auf dem Heizungsmarkt umschaut, findet man ein großes Angebot an Holzheizungen. Holz, so lautet das Versprechen, ist ein nachwachsender Rohstoff und damit automatisch umweltfreundlicher als fossile Energieträger wie Kohle, Erdöl oder Gas. Dass das nur bedingt zutrifft, wird schnell klar: Immerhin ist die Verfeuerung von Holz ebenfalls ein Verbrennungsprozess. Folglich werden auch bei der Holzverbrennung klimaschädliche Stoffe wie Kohlenstoffdioxid freigesetzt. Wirklich klimaneutral kann man den Vorgang nur dann nennen, wenn das Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft stammt und tatsächlich nur so viel verfeuert wird, wie nachwächst. Dieses Nachwachsen braucht jedoch Zeit. Wenn man Holz verbrennt, wird also CO2 freigesetzt, das vorher durch den Baum gebunden war. Selbst wenn ab sofort für jeden Baum, der gefällt wird, direkt ein neuer Baum gepflanzt wird, entsteht zunächst ein Defizit, das erst in mehreren Jahren wieder ausgeglichen sein wird.

Abgesehen davon, dass sie große Mengen CO2 binden, erfüllen Wälder noch viele weitere Funktionen: Sie sind Lebensraum für Tiere und Pflanzen, fungieren als Wasserspeicher und Erholungsort für Menschen. Jede Holzernte bedeutet also einen Eingriff in ein empfindliches Ökosystem. Vor diesem Hintergrund bedeutet Holz wirklich ökologisch zu ernten, es nur selektiv in kleinen Mengen zu schlagen.

Nachhaltig nachwachsendes Holz deckt jedoch ohnehin nur einen geringen Teil des derzeitigen Energiebedarfs – ganz abgesehen davon, dass Holz auch ein wertvoller Baustoff für Gebäude oder auch Möbel ist und die Nachfrage auch in diesem Bereich steigt.

Verschwindende Wälder

Die wachsende Nachfrage nach Hackschnetzeln und Holzpellets zum Heizen in Deutschland hat in den letzten Jahren zu einem wachsenden Druck auf dem Holzmarkt geführt. Ganze Wälder – oft in Skandinavien, Osteuropa oder sogar noch viel weiter weg – werden geschlagen und oft über hunderte Kilometer transportiert um den Bedarf an Bauholz, Papier und Brennstoff zu decken. Häufig kommt es zu illegalen Rodungen – und damit zu einer massiven Schädigung der Natur. Ganz abgesehen davon, dass weltweit zurzeit mehr Bäume gefällt als gepflanzt werden und ganze Wälder verschwinden, schreitet der Klimawandel jetzt voran. Jetzt ist also die richtige Zeit, um über Alternativen nachzudenken – und entsprechend zu handeln.

Für uns war klar: Das muss auch anders gehen!

Baustein für eine verbrennungsfreie Zukunft

Mit dem Umbau des Neuen Stalls haben wir die Gelegenheit, richtungsweisende Entscheidungen über unsere Energieversorgung zu treffen. Wir haben uns für eine möglichst verbrennungsfreie Zukunft entschieden, in der erneuerbare Energien so effizient wie möglich eingesetzt werden.

Da kein reißender Strom über unser Grundstück fließt und wir erstmal alle anderen Wünsche an den Garten berücksichtigen wollen, bevor wir uns einen Windpark anlegen, setzen wir auf eine Kombination aus einer Erdwärmesondenanlage und Solarenergie.

Mit der Nutzung von Erdwärme durch Erdsonden greift man auf die im Boden gespeicherte Sonnenenergie zu. Für die Nutzung von Sonnenenergie ohne Umweg über das Erdreich gibt es zwei Varianten: Für die Erzeugung von Strom (mittels Photovoltaik-Anlagen) und für Wärmeerzeugung (Solarthermie). Für unser Energiekonzept nutzen wir beides.

Der Masterplan – Unser Energiekonzept

Anhand unserer Kriterien haben unsere Energiefachberater Gerson Naunin und Volker Huckemann insgesamt vier Vorschläge ausgearbeitet:

  • Verwendung erneuerbarer Energien
  • skalierbar
  • keine Verbrennung
  • Ressourceneffizienz
  • pflegeleicht und „low tech“
  • kostengünstig – wir müssen es uns trotz allem leisten können
  • Erfahrungswerte und Sicherheit – die einzelnen Komponenten sollten erprobt sein
  • Unabhängigkeit von einzelnen Anbieter*innen
  • Möglichkeit zur Erweiterung auf den gesamten Hof

Der Entwurf, für den wir uns letzten Endes entschieden haben, erfüllt all diese Kriterien. Wir erreichen damit die Energieeffizienzklasse KfW 40+ für den Neuen Stall. Der Technikraum und der benötigte Pufferspeicher werden in die beiden hinteren Silos eingebaut.

Zeichnung zum Energiekonzept von Volker Huckemann

Unser Energiekonzept für den Neuen Stall besteht aus zwei Systemen, die sich gegenseitig ergänzen und irgendwann die Energieversorgung für den gesamten Hof sicherstellen sollen.

Eine Thermoskanne fürs Silo

Auf der linken Seite befindet sich, wie eine überdimensionierte Thermoskanne, ein vakuumisolierter Langzeitspeicher (Vakuum-Pufferspeicher),in dem es unterschiedliche „Wärmeschichten“ gibt. Hier wird gemäß dem Bedarf und der jeweiligen Funktionsweise des Subsystems heißes Wasser entnommen und weitergeleitet oder kälteres Wasser zurückgeführt. Direkt über dem Pufferspeicher, auf dem Dach des Silos, befindet sich die Solarthermieanlage. Diese Kombination bildet ein Nahwärmenetz, das zukünftig so erweitert werden kann, dass es für den gesamten Hof genutzt werden kann. Um das vorzubereiten und zu ermöglichen, haben wir einen Pufferspeicher bestellt, der eine größere Speicherkapazität hat, als für das neue Gebäude notwendig wäre. Im Sommer soll die Anlage so viel Wärme erzeugen, dass wir keine weitere Energiequelle für die Bereitstellung von Warmwasser benötigen.

Erdsonden im Garten

Auf der rechten Seite befinden sich die Erdsonden bzw. die Anschlüsse, die die durch die Erdsonden gewonnene Wärme ins Haus transportiert. Eine Wärmepumpe erhöht die Eintrittstemperatur durch den Einsatz von Strom auf die Betriebstemperatur von 55 °. Die PV-Anlage auf dem Dach des Neuen Stalls liefert den notwendigen Strom. Im Moment gehen wir davon aus, dass wir diese Seite des Energiekonzeptes zur Wärmeerzeugung im Sommer – und auch zu einem Teil im Frühling und Herbst – nicht brauchen und stattdessen sogar Strom ins Netz einspeisen können. Die Dämmung der Gebäudehülle ist darauf ausgelegt, effizient zu isolieren und so dazu beizutragen, den Stromverbrauch bzw. Wärmebedarf gering zu halten.

Durch eine zentrale Hauslüftungsanlage mit hoher Wärmerückgewinnungseffizienz (~ 96 %) planen wir eine weitere Möglichkeit ein, den gesamten Energiebedarf zu reduzieren. Mit der Kombination aus Erdwärmepumpe und Wandheizung können wir im Sommer kaltes Wasser durch die Heizkörper laufen lassen und damit die Zimmer kühlen. Der sommerliche Hitzeschutz in Gebäuden wird vor dem Hintergrund des voranschreitenden Klimawandels in den nächsten Jahren immer wichtiger werden. Mit dieser Variante sparen wir uns den Einbau einer Klimaanlage. Überschüssige Wärme kann zudem im Sommer mittels der Erdsonden wieder im Boden eingespeichert werden. Dieses Vorgehen wirkt letztlich dem lokalen Auskühlen des Bodens entgegen.

State of the Art und trotzdem erprobt

Insgesamt entsteht so ein Niedrigtemperaturnetz. Die Wohnungen werden mit Flächenheizungen (Wand- und Bodenheizungen) geheizt. Die Wohnungsübergabestationen (Wüst) funktionieren mit Plattenwärmetauschern, wodurch sich der Energieverlust reduzieren lässt. Das gesamte System der rechten Seite ist modular aufgebaut. Einzelne Elemente könnten durch eine andere Technologie ersetzt werden, die dieselbe Funktion innerhalb des Systems übernimmt. Statt der Erdsonden wäre z.B. rein auf der funktionalen Ebene auch eine Meterholzheizung denkbar.

Leitungen verlegen: So kommt die Wärme ins Haus

Mit dieser Anlage liegen wir über dem, was heute als Standard in Hinblick auf Energieeffizienz gilt. Wir wollen ein „Vorzeigeprojekt“ bauen und damit zeigen, was auf dem Gebiet des klimafreundlichen Wohnungsbaus und im Bereich der Energieversorgung möglich ist. Wir lassen uns von der Frage leiten, was technisch machbar ist und wie unser Beitrag für eine klimafreundlichere Welt aussehen kann. Es ist ein kleiner Schritt – und trotzdem sehr wichtig, ihn zu tun.

Perspektiven

Das Energiekonzept ist so angelegt, dass wir es in den nächsten Jahren nach Bedarf erweitern und z.B. weitere Gebäude auf dem Hof anschließen und die noch vorhandenen Verbrennungstechnologien weiter reduzieren können. Ein mittelfristiges Ziel dabei ist es, die Gasthermen zu ersetzen, die gerade noch im Einsatz sind. Die PV-Anlage könnte weiter ausgebaut werden und wir lassen prüfen, ob sich eine Kleinwindkraftanlage für uns lohnt. Auch in anderen Bereichen des Hoflebens denken wir über Möglichkeiten nach, klimaschonende Verhaltensweisen und Technologien in unseren Alltag zu integrieren. Mit der gemeinsamen Nutzung von Geräten wie Waschmaschinen (die im Neuen Stall direkt mit einem Warmwasseranschluss ausgestattet werden, um auch an dieser Stelle den Stromverbrauch reduzieren zu können) gehen wir kleine Schritte in diese Richtung.

Technische Details im Überblick

  • Wohnfläche: ca. 900 Quadratmeter
  • Gebäudenutzfläche nach EnEV: AN – 1170 m²
  • Energiebedarf des Gebäudes: 8,19 kWh / m²a
  • Primärenergiebedarf pro Jahr: 7,88 kWh je Quadratmeter
  • Kollektorfläche (dachintegriert): 34 m²
  • Pufferspeicher: 25 m³ als Schichtenspeicher
  • PV- Anlage: 120 m² PV (=> ca. 17 KWp =>14280 kWh/a)